jeudi 6 novembre 2014

Knacken in der Leitung



Wie die Stasi ihre Gegner am Telefon belauschte: Bislang unveröffentlichte Dokumente geben einen Einblick ins Innerste der DDR-Opposition. Von Alexander Cammann.




"Mensch, wann wirst du mal vernünftig?" Die Mutter am Telefon versteht ihren rebellischen Sohn einfach nicht: "Du musst doch mal an dein eigenes Leben denken, du musst doch mal was draus machen können." Die 1926 geborene Erna Fischer ist seit 1949 SED-Mitglied und war lange Zeit Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Oft hatte sie der Stasi über ihren Sohn berichtet, der an diesem 29. Oktober 1988 wieder mal bei ihr anrief. Werner Fischer, 39, ist damals einer der wichtigsten Köpfe der DDR-Opposition und seit Jahren der Lebensgefährte von Bärbel Bohley. Am Telefon entwickelt sich nun ein Gespräch, das es so zwar unzählige Male in der DDR gegeben hat zwischen Anhängern und Gegnern des Systems. Aber wir können es heute Wort für Wort nachlesen, denn die Stasi hörte und schrieb mit – worüber sich Werner Fischer keine Illusionen machte: "Natürlich sind das absolute Schweine, die diesen Job machen, muss ich dir wirklich übers Telefon sagen, obwohl ich weiß, dass das abgehört wird. Das sind absolute Schweine."



Es ist ein atemraubendes Dokument, das die eifrigen Protokollanten da hinterlassen haben: auf der einen Seite die ideologisch verbohrte Genossin und sich dennoch sorgende Mutter, die ihrem Sohn außer Phrasen nichts entgegenzusetzen hat ("Einen Kapitalisten brauchen wir nicht, einen Ausbeuter"), auf der anderen Seite der Sohn und Dissident, der tags zuvor wieder einmal von der Stasi für ein paar Stunden festgesetzt worden ist ("Das sind deine Genossen", "deine Regierung und deine Scheißpartei"). Wohl zum tausendsten Mal versucht er sich zu erklären.





Knacken in der Leitung

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