lundi 20 octobre 2014

Der seelenlose Carlsen

Die Äußerungen von DSB-Ehrenpräsident Robert von Weizsäcker gegenüber dem frischgebackenen Weltmeister Magnus Carlsen hatten im Schachbereich große Wellen geschlagen. Weizsäcker hatte vor allem moniert, Carlsen spiele seelenloses Schach wie eine Engine und sei nicht der bessere Schachspieler, sondern nur der bessere Sportler, der seine Gegner aussitze. In der Schachöffentlichkeit wurden seine Äußerungen vielfach kritisiert. Mir persönlich hat vor allem der Boulevardstil seiner Äußerungen nicht gefallen, und die Äußerungen gegen Carlsen empfand ich in ihrer Pauschalität gegenüber den Leistungen des Rekordeloträgers für respektlos und zumindest übertrieben.



Doch mich interessiert die Frage, ob an den Aussagen Weizsäckers zumindest etwas dran ist. Robert von Weizsäcker ist im Schach schließlich kein Niemand. Ganz im Gegenteil, der älteste Sohn von Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist Fernschach-GM und bekleidet Platz 58 der Fernschachweltrangliste. Naturgemäß befinden sich die Kritiker Carlsens eher in der älteren Generation. Denn im Schachsport befindet sich momentan ein Graben zwischen der jüngeren und der älteren Spielergeneration, weil beide Generationen einen ganz anderen Zugang zum Schach haben. Grob zusammengefaßt mußten sich die älteren Großmeister noch alles selbständig mit Hilfe von Büchern, herkömmlichen Datenbanken und Sekundanten erarbeiten. Die jüngeren Großmeister dagegen sind ganz selbstverständlich mit Schachcomputern, Online-Datenbanken und dem Internet aufgewachsen. Was aber ein gutes Werkzeug sein kann, kann auf der anderen Seite dazu verführen, sich allzu sehr auf die Computerunterstützung zu verlassen. Darunter kann das selbständige Denken leiden; und Phantasie und Kreativität, das, was man gerne als Schöpfertum des Schachsports bezeichnet, werden eingedämmt.



Großmeister Rafael Waganjan, der seine Hochzeit in den 80er Jahren hatte, gehört der älteren Spielergeneration an. In einem Interview mit dem Kasachen Sergey Kim, das von Chess24 freundlicherweise in Teilen übersetzt worden ist, äußert sich dieser freimütig über ältere und jüngere Schachweltmeister. Auch Waganjan kann der heutigen Art des Schachtrainings und der Turniervorbereitung wenig abgewinnen. Und er relativiert die Carlsen-Skizzierung von dessen ehemaligen Trainer Garri Kasparov, Carlsen, laut Kramnik eine "verbesserte Version von Karpov", spiele subtil wie Karpov und "physisch vorbereitet" wie Fischer. Solch ein Level habe Carlsen noch nicht erreicht, so Waganjan.



Vielleicht ist bei Waganjans Prognose für das kommende Rematch zwischen Anand und Carlsen: "Anand wird nicht verlieren!" eher der Wunsch der Vater des Gedanken. Seine Begründung wird sicherlich denjenigen Schachfreunden Mut machen, die sich eine Entthronung Carlsens durch Vishy Anand herbeisehnen. Robert von Weizsäcker hat in seiner Einschätzung bezüglich des nur "besseren Sportlers" Carlsen jedenfalls einen prominenten Bruder im Geiste gefunden. Rafael Waganjan kommt nämlich zu demselben Schluß:




Zitat:




Er [Carlsen] spielt für sich und erlaubt anderen ebenfalls zu spielen, also sollte man gegen ihn SPIELEN! Außerdem muss man physisch gut vorbereitet sein, dann wird Carlsen nichts neues vorzuweisen haben. Er wird weiterspielen bis der Punkt der Ermüdung einsetzt, wie immer. Er manövriert und manövriert bis sein Gegner einen Fehler macht... Er ist nicht - nicht im geringsten - von derselben Klasse wie Fischer. Denn dieser Typ konnte noch kreieren!








Der seelenlose Carlsen

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