In allen Besatzungszonen wurden Frauen von alliierten Soldaten vergewaltigt. Hilfe für die Betroffenen gab es so gut wie nirgends auch nicht, wenn sie schwanger waren. Von Silke Satjukow und Rainer Gries
"Ich bin schwächlich, außerdem war mein Rad sehr beladen, sodass ich hilflos allein den Russen ausgeliefert war und mich nicht wehren konnte, als sie mich herunterrissen. Ich fiel auf die Straße, und sie zerrten mich in den Chausseegraben. Der Soldat, der mein Rad ergriffen hatte, fuhr zunächst weg. Die beiden anderen vergewaltigten mich, dann kam der erste noch mal zurück, ich wurde auch von ihm vergewaltigt. Während das geschah, fuhren mehrere Autos vorbei, aber niemand nahm sich meiner an, obwohl ich weinte und laut schrie. Vielleicht konnten sie aus dem fahrenden Auto auch nicht erkennen, was im Graben vor sich ging. Als es vorbei war, lief ich nach Hause. Vor einem Haus traf ich eine Frau, der ich erzählte, was mir passiert war. Auf ihrem Hof konnte ich mich noch etwas reinigen, bevor ich zu meiner Schwiegermutter weiterging, die im selben Haus wohnt wie ich. Ihr habe ich aber nur erzählt, dass mir das Rad weggenommen worden war. Von der Vergewaltigung habe ich ihr nichts gesagt. Das war mir so fatal."
Mit diesen Worten schilderte die Magdeburgerin Klara M. im Juli 1945 dem örtlichen Gesundheitsamt, was ihr angetan worden war. Acht Wochen zuvor hatten Soldaten der Roten Armee sie sexuell missbraucht. Ihren ersten Impuls, der Familie das Unsagbare zu verschweigen, hielt sie nicht durch, denn bald stellte sie fest, dass sie schwanger war. Ein "Russenkind" auf die Welt zu bringen kam für sie nicht infrage. Also stellte sie einen Antrag auf Abtreibung: Nun galt es, ihrem Umfeld und den Behörden alles offenzulegen.
Seit es Kriege gibt, nehmen sich Soldaten die Frauen des Gegners als Beute. Im Zweiten Weltkrieg aber erreichte die sexuelle Gewalt ungekannte Dimensionen. Ob es die deutschen Soldaten in Polen und der Sowjetunion waren, die japanischen in China oder die alliierten im besetzten Deutschland 1945: Es kam zu millionenfachen Übergriffen, zu spontanen, aber auch zu systematisch verübten "Notzuchtverbrechen".
Schweigen und schmerzhafte Fragen
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